Artikel zum Thema: Kündigungsfrist

Der freie Dienstvertrag - Arbeits-, Sozialversicherungs- und Steuerrecht

Dezember 2009

Begriff des freien Dienstvertrages

§ 4 Abs 4 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) definiert den Begriff des freien Dienstnehmers:

  • Jemand verpflichtet sich für bestimmte oder unbestimmte Zeit (Dauerschuldverhältnis) zur Erbringung von Dienstleistungen
  • für einen qualifizierten Dienstgeber
  • gegen Entgelt,
  • die Dienstleistungen werden im Wesentlichen persönlich erbracht und
  • der freie Dienstnehmer verfügt über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel.

Das Kriterium des Dauerschuldverhältnisses (Verpflichtung zu einem Wirken, nicht zu einem Werk) grenzt den freien Dienstvertrag vom Werkvertrag ab (siehe Ausgabe 20: Abgrenzung Dienstvertrag - freier Dienstvertrag - Werkvertrag). Ein "qualifizierter Dienstgeber" kann nur jemand sein, der den freien Dienstnehmer im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Verein) einsetzt. Ferner kann ein freier Dienstnehmer für eine Gebietskörperschaft (Bund, Land, Gemeinde) oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts / die von dieser juristischen Person verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen und Fonds tätig sein. Eine Privatperson kann keinen freien Dienstnehmer beschäftigen. Im Gegensatz zum echten Dienstnehmer darf sich der freie Dienstnehmer bei Erbringung der Dienstleistung grundsätzlich vertreten lassen. Er kann auch Hilfspersonen beiziehen. Der Mangel an wesentlichen eigenen Betriebsmitteln unterscheidet ihn wiederum vom Werkvertragsnehmer.

Ein freier Dienstvertrag liegt keinesfalls bei folgenden Personen vor:

  • Personen, die bereits nach § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG bzw. nach § 2 Abs 1 und 2 FSVG versichert sind,
  • Personen, die eine (Neben-) Tätigkeit nach § 19 Abs 1 Z 1 lit f B-KUVG ausüben,
  • Personen, die eine Tätigkeit ausüben, welche die Pflichtmitgliedschaft zu einer Kammer der freien Berufe begründet und
  • Kunstschaffende, insbesondere Künstler im Sinne des § 2 Abs 1 Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz.

Arbeitsrecht

Welche arbeitsrechtlichen Bestimmungen gelten für freie Dienstnehmer?

Freie Dienstnehmer sind keine Arbeitnehmer, sondern arbeitnehmerähnliche Personen. Dennoch unterliegen sie etwa dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und sind jedenfalls in die betriebliche Mitarbeitervorsorge einzubeziehen. Sie haften außerdem wie echte Dienstnehmer.

Kann der freie Dienstnehmer Urlaub nehmen?

Grundsätzlich besteht für den freien Dienstnehmer kein gesetzlicher Anspruch auf bezahlten Urlaub bzw. auf eine Urlaubsersatzleistung. Dies müsste im Einzelfall individuell zwischen Dienstgeber und freiem Dienstnehmer vereinbart werden.

Können Sonderzahlungen vereinbart werden?

Kollektivverträge sind auf freie Dienstnehmer nicht anzuwenden. Sonderzahlungen können aber individuell vereinbart werden. Zu beachten ist jedoch erstens, dass dies möglicherweise eine Umqualifizierung in ein echtes Dienstverhältnis zur Folge haben kann und dass zweitens Weihnachtsremuneration und Urlaubszuschuss bei freien Dienstnehmern nicht begünstigt besteuert werden.

Besteht die Verpflichtung zur Aushändigung eines Dienstzettels?

Gemäß § 1164a ABGB hat der Dienstgeber dem freien Dienstnehmer unverzüglich nach dessen Arbeitsbeginn eine schriftliche Aufzeichnung über die wesentlichen Rechte und Pflichten aus dem freien Dienstvertrag (= Dienstzettel) auszuhändigen. Welche Angaben dieser Dienstzettel zu enthalten hat, ist ebenfalls in § 1164a ABGB geregelt.

Betriebsrat

Ein freier Dienstnehmer ist weder aktiv noch passiv wahlberechtigt, er wird nicht vom Betriebsrat vertreten.

Wie ist ein freier Dienstvertrag zu beenden?

Die Beendigung des freien Dienstvertrages bestimmt sich nach den §§ 1159 ff ABGB. Möglich sind demnach eine Kündigung oder eine vorzeitige Auflösung aus wichtigem Grund. Es bestehen dabei sehr unterschiedliche Fristen, je nachdem, ob Dienste höherer Art (wie Angestellte) vorliegen, in welcher Form das Entgelt vereinbart wurde und wie lange das Dienstverhältnis bereits gedauert hat. Es ist jedoch auch möglich wesentlich kürzere Kündigungsfristen vertraglich zu vereinbaren. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kann ein freier Dienstnehmer Anspruch auf Kündigungsentschädigung haben. Dies ist dann der Fall, wenn das Dienstverhältnis ohne wichtigen Grund vorzeitig aufgelöst wurde bzw. eine fristwidrige Kündigung erfolgte. Da ein freier Dienstnehmer nicht vom Betriebsrat vertreten wird, muss dieser bei einer Kündigung auch nicht verständigt werden.

Sozialversicherung

Welche Meldepflichten des Arbeitgebers bestehen beim freien Dienstvertrag?

Der freie Dienstnehmer ist ebenso wie der echte Dienstnehmer beim zuständigen Krankenversicherungsträger an- und abzumelden.

Hat ein freier Dienstnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall?

Gegenüber dem Dienstgeber besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Ab dem vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit besteht jedoch Anspruch auf Krankengeld gegenüber dem Krankenversicherungsträger.

Arbeitslosenversicherung

Ein freier Dienstnehmer ist verpflichtend arbeitslosenversichert.

Steuerrecht

Fallen bei einem freien Dienstnehmer Lohnnebenkosten / Lohnsteuer an?

Ab 1.1.2010 muss der Auftraggeber für freie Dienstnehmer sowohl die 3%ige Kommunalsteuer als auch den 4,5%igen Dienstgeberbeitrag (DB) entrichten. Falls der Auftraggeber Mitglied der Wirtschaftskammer ist, fällt auch der Zuschlag zum DB an. Hintergrund dieser Regelung, die eine Verteuerung bei den Lohnnebenkosten von circa 8% bewirkt, ist es, eine Gleichstellung zwischen echten und freien Dienstnehmern herzustellen. Freien Dienstnehmern steht nämlich ab 2010 – wie allen Selbständigen – der 13%ige Gewinnfreibetrag offen, der eine der Sechstelbegünstigung bei echten Dienstnehmern entsprechende (vorteilhafte) Steuerbelastung bewirken soll. Die Einbeziehung in den DB und in die Kommunalsteuer soll damit eine ungerechtfertigte Bevorzugung der freien Dienstnehmer verhindern.

§ 109a-Mitteilung

Der Auftraggeber eines freien Dienstnehmers hat dem Finanzamt bestimmte Informationen über das freie Dienstverhältnis elektronisch zu übermitteln. Zuständig ist das Finanzamt, das für die Erhebung der Umsatzsteuer des Auftraggebers zuständig ist bzw. zuständig wäre. Die Mitteilung kann unterbleiben, wenn das Entgelt des freien Dienstnehmers im Kalenderjahr inklusive Reisekostenersätze nicht mehr als EUR 900,- und das Entgelt inklusive Reisekostenersätze für jede einzelne Leistung nicht mehr als EUR 450,- beträgt.

Einkommensteuer aus Sicht des freien DN?

Ein freier Dienstnehmer bezieht entweder Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb und hat die Einkommensteuererklärung selbst abzugeben.

Der freie Dienstnehmer und die Umsatzsteuer

Ein freier Dienstnehmer ist Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Wird daher die Kleinunternehmergrenze von EUR 30.000,- pro Jahr überschritten, besteht für den freien Dienstnehmer die Verpflichtung, Umsatzsteuer auszuweisen. Er hat das Recht zum Vorsteuerabzug.

Mögliche Konsequenzen einer falschen Einstufung

Die Einstufung, welche Beschäftigungsform gegeben ist, obliegt in erster Linie dem Dienstgeber. Wird die falsche Einstufung gewählt, könnte der freie Dienstnehmer nachträglich arbeitsrechtliche Ansprüche geltend machen. Zudem gibt es die Gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) durch die Gebietskrankenkasse, das Finanzamt oder die Gemeinde. Diese könnten Sozialversicherungsbeiträge, Lohnsteuer sowie Lohnnebenkosten nachfordern.

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