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Abfertigung neu - Die neuen Bestimmungen des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes (BMVG) und die Alternativen für bestehende Arbeitsverhältnisse


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Abfertigung neu - Die neuen Bestimmungen des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes (BMVG) und die Alternativen für bestehende Arbeitsverhältnisse

September 2002

Geltungsbereich

Das BMVG ist am 1. Juli 2002 in Kraft getreten und gilt für alle nach dem 31. Dezember 2002 neu abgeschlossenen privatrechtlichen Arbeitsverhältnisse. Übergangsregelungen sind für die alten bestehenden Arbeitsverhältnisse vorgesehen. Auch Teilzeit- sowie geringfügig Beschäftigte sind erfasst, nicht allerdings die freien Dienstnehmer.

Beiträge

Die Beitragsverpflichtung des Arbeitgebers beginnt ab dem 2. Monat des Arbeitsverhältnisses – unabhängig von einer eventuell länger vereinbarten Probezeit – in der Höhe von 1,53 % des monatlichen Bezuges samt Sonderzahlungen. Die Beiträge sind zusammen mit den Sozialversicherungsbeiträgen an die Gebietskrankenkassen zur Weiterleitung an die Mitarbeitervorsorgekasse (MV-Kasse) abzuführen. Bis zur Fälligkeit des ersten Beitrages (15. Februar 2003) ist jedenfalls eine der neu gegründeten MV-Kassen vom Arbeitgeber im Einvernehmen mit den Arbeitnehmern auszuwählen. Für folgende entgeltfreie Zeiten übernimmt der FLAF die Beitragsleistung: Kinderbetreuungszeit, Familienhospizkarenz, Bildungskarenz. Für Zeiten des Bezuges von Wochen- oder Krankengeld und des Wehrdienstes (beschränkt auf 12 Monate) besteht die Beitragspflicht des Arbeitgebers weiter.

Leistungen der MV-Kasse

:: Abfertigungszahlung bei allen bisher anspruchsbegründenden Beendigungstatbeständen mit einer Wartezeit von 3 Einzahlungsjahren.
:: Im Todesfall haben die unterhaltsberechtigten Erben den Abfertigungsanspruch. Bei Fehlen derselben fällt der Anspruch in die Verlassenschaft. Für Hinterbliebene sind Steuerbegünstigungen vorgesehen (6 % bei Kapitalabfindung oder steuerfreie Rente).

Wahlrechte des Arbeitnehmers

:: Bei einem Abfertigungsanspruch hat der Arbeitnehmer das Wahlrecht auf:
– Auszahlung der Abfertigung als Kapitalabfindung
– Weiterveranlagung in der bisherigen MV-Kasse
– Übertragung in die MV-Kasse des neuen Arbeitgebers
– Überweisung als Einmalprämie an eine Versicherung für Zwecke der Auszahlung einer Zusatzpension
– Erwerb von Pensionsinvestmentfondsanteilen
– Übertragung an eine Pensionskasse

Bei Pensionierung besteht ein Wahlrecht auf:

– Auszahlung der Abfertigung als Kapitalabfindung
– Veranlagung in Pensionsinvestmentfondsanteilen
– Zusatzpension in Form der Pensionszusatzversicherung gemäß § 108 b EStG

Auszahlungssperre für Abfertigungsansprüche

Obwohl die bei der MV-Kasse angesammelten Beträge Eigentum des Arbeitnehmers sind, kann die Kapitalauszahlung nicht verlangt werden, wenn:
:: er selbst gekündigt hat,
:: verschuldet entlassen wurde,
:: unberechtigt ausgetreten ist oder
:: noch keine 3 Einzahlungsjahre vorliegen.

Übergangsregelung

Für bestehende Arbeitsverhältnisse sind – zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer – folgende frei zu vereinbarende Optionen offen:

:: Beibehaltung des alten Systems

In diesem Fall besteht innerhalb der nächsten 10 Jahre noch die Möglichkeit zur Übertragung gemäß § 47, Abs. 5 BMVG. Ab dem Jahr 2012 erstarrt das alte System für alte bestehende Arbeitsverhältnisse. Für den Arbeitnehmer ändert sich nichts. Der Arbeitgeber führt die Abfertigungsrückstellung steuerlich im verkürzten Ausmaß fort.

:: Teiloption

Übertritt in das neue System zu einem bestimmten Stichtag, wobei die bisherigen fiktiven Abfertigungsanwartschaften in zeitlicher Hinsicht „eingefroren“ werden, und sich lediglich die Basis – nach Maßgabe der Gehaltserhöhungen – erhöht.

:: Volloption

Übertragung der Abfertigungsanwartschaften, womit die vorangegangenen Dienstzeiten abfertigungsrechtlich abgegolten sind. Der vereinbarte Betrag (Einmalprämie) kann auf 5 Jahre gleichmäßig verteilt an die MV-Kasse bezahlt werden.

Steuerliche Begleitmaßnahmen

:: Übertragung der Abfertigungsrückstellung auf Eigenkapital oder Rücklage im Jahr 2003
Die Übertragung ist steuerfrei. Weitere steuerwirksame Dotierungen der Rückstellung sind nicht mehr möglich. Künftige Abfertigungszahlungen sowie Einmalprämien anlässlich des Überganges auf das neue System sind als Betriebsausgaben – verteilt auf fünf Jahre – absetzbar. Handelsrechtlich ist aber für weiterbestehende Abfertigungsansprüche eine Rückstellung zwingend.

:: Beibehaltung der Abfertigungsrückstellung für Alt-Anwartschaften

Die Dotierung verkürzt sich von derzeit 50 % ab 2003 auf 47,5 % und ab 2004 auf 45 %. Für Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, bleibt es bei der Dotierung mit 60 % der fiktiven Ansprüche. Bei der Teiloption führt lediglich die Gehaltserhöhung zu einer weiteren Dotierung, da die „zeitliche Sprungschwelle“ entfällt.

::
Die Wertpapierdeckung entfällt. Bestehende Wertpapierdeckungen können gleichmäßig verteilt auf 5 Jahre abgebaut werden (bei früherem Wegfall der Rückstellung zu einem früheren Zeitpunkt). Bei Übertragung der Abfertigungsansprüche auf Kapital bzw. Rücklage kann die Wertpapierdeckung sofort abgebaut werden.

::
Die Beiträge an die MV-Kasse sind beim Arbeitgeber in unbegrenzter Höhe Betriebsausgaben und beim Arbeitnehmer bis zur Höhe von 1,53 % des arbeitsrechtlichen Entgeltes kein Vorteil aus dem Dienstverhältnis.

::
Die Einzahlungen an die MV-Kasse sind versicherungssteuerfrei und bei der MV-Kasse ertragssteuerfrei sowie unecht von der USt befreit.

::
Die Auszahlung der Abfertigung als Kapitalabfindung unterliegt (wie bisher) dem begünstigten Steuersatz von 6 %, während die Zahlung als Zusatzpension – ab 2006 – steuerfrei bleibt.

:: Übertragungsbeträge
(Einmalprämien) des Arbeitgebers an die MV-Kasse bis zur Höhe der Abfertigungsrückstellung sind steuerneutral. Übersteigende Beträge sind – auf fünf Jahre verteilt – steuerlich absetzbar. Beim Dienstnehmer sind die Übertragungsbeträge bis zur Höhe des fiktiven gesetzlichen Anspruches kein Vorteil aus dem Dienstverhältnis.

:: Streitbeilegungszahlungen (Vergleichssummen), die bei Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen und dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber für Zeiträume ausbezahlt werden, für die eine Anwartschaft auf eine Abfertigung gegenüber einer MV-Kasse besteht, sind bis € 7.500,– mit 6 % zu versteuern. Bei Überschreiten dieses Betrages verbleibt es bei der Fünftelbegünstigung gemäß § 67 (8) lit. a EStG.

Sozialversicherung

Die MV-Beiträge und die Übertragungsbeträge sind insoweit beitragsfrei, als sie lohnsteuerfrei sind. Die ausgezahlten Abfertigungsbeträge sind weiterhin beitragsfrei.

Auswirkung auf die Lohnverrechnung

Die Bemessungsgrundlage für den Beitrag zur MV-Kasse und der eingezahlte Beitrag wird künftig im Lohnkonto, in der monatlichen Lohnabrechnung und im Lohnzettel enthalten sein müssen (2. AbgÄG 2002). Damit wird dem Arbeitnehmer die Kontrollmöglichkeit hinsichtlich der richtigen Berechnung der Beiträge und deren Einzahlung sowie die Vergleichsmöglichkeit mit dem jährlichen Kontoauszug der MV-Kasse gewährleistet.
Der MV-Beitrag für geringfügig Beschäftigte ist ebenfalls monatlich an die GKK abzuführen und nicht einmal im Jahr, wie der Beitrag zur Unfallversicherung.

Vorteilhaftigkeitsvergleich

:: Beim Arbeitgeber
Der Freisetzung von Liquidität durch den Wegfall der Wertpapierdeckung und der kontinuierlichen Liquiditätsbelastung statt der einmaligen Abfertigungszahlung stehen folgende Nachteile gegenüber:
– Fixe Zahlung statt möglicher Zahlung
– Sinkende Mitarbeiterbindung
– Minderung der Abfertigungsrückstellung bei Beibehaltung derselben
– Wegfall der Unternehmensfinanzierung aus der Dotierung der Rückstellung beim neuen System
– Erhöhte Administration bei einem Mischsystem (Teiloption bzw. Beibehaltung des alten Systems für die bestehenden Arbeitsverhältnisse)

:: Beim Arbeitnehmer

Den Vorteilen, wie fixer Entgeltbestandteil der Abfertigung, vorzeitiger Anspruchsbeginn, Wahlrechte und Steuerbegünstigungen, stehen folgende Nachteile gegenüber:
– Verlust der begünstigten Besteuerung von freiwilligen Abfertigungen nach dem neuen System
– Geringere Abfertigungsanwartschaft gegenüber Abfertigung alt (der volle Anspruch von 12 Monatsbezügen wird erst nach etwa 37 Jahren erreicht, bisher 25 Jahre)
– Kein rechtlicher Anspruch zum Wechsel zur Abfertigung neu für bestehende Dienstverträge

Alternativen für bestehende Arbeitsverhältnisse per 1. Jänner 2003 im Überblick

:: Übergangsregelung nach BMVG
– Abfertigungsrückstellung wie bisher, im steuerlich verminderten Ausmaß
– Übertragung der Abfertigungsrückstellung auf Kapital oder Rücklage im Jahre 2003
– Teiloption zur Neuregelung ab 1. Jänner 2003 und „Einfrieren“ der bestehenden fiktiven Anwartschaften
– Volloption zur Neuregelung ab 1. Jänner 2003

:: Abfertigungsversicherung Rz 3368 EStR

Rückdeckungsversicherung, deren Prämienzahlung Betriebsausgaben, der erworbene Anspruch aber aktivierungspflichtig sind.

:: Ausgliederungsversicherung RZ 3369a EStR

Es besteht eine Direktversicherung mit Bezugsrecht des Arbeitnehmers. Die Prämienzahlung ist beim Arbeitgeber Betriebsausgabe, es entsteht kein aktivierungspflichtiger Anspruch.

:: Deckungsloses Verfahren

Trotz Weiterführung der steuerlichen Rückstellung für fiktive eingefrorene Ansprüche oder Übertragung an Kapital bzw. Rücklage, kann die Wertpapierdeckung nach Maßgabe der Bestimmungen des BMVG aufgelöst werden. Damit entfällt die Sicherstellung der Liquidität zum Zeitpunkt der Abfertigungsverpflichtung.

Kritische Schlussbemerkung

Eines der angestrebten Ziele des BMVG, nämlich der Aufbau einer betrieblichen Altersvorsorge als der 2. Säule des Pensionssystems, kann nur als bedingt erreicht bezeichnet werden, da es im Belieben des Dienstnehmers liegt, den Abfertigungsanspruch für diese Zwecke zu widmen.
Vor die Wahl gestellt, das Geld sofort zu erhalten, statt in ferner Zukunft, ist die Verlockung „Geld heute zu einem marginalen Steuersatz“ zu groß. Die erwähnten Auszahlungssperren werden sich als zahnlos erweisen, wenn der Wunsch des ausscheidenden Arbeitnehmers nach „Bargeld sofort“ manifest ist. Zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber wird eine entsprechende Vereinbarung dadurch erleichtert, weil die Sofortzahlung der Abfertigung ja die MV-Kasse trifft und nicht den Arbeitgeber. Die so geschaffene unsichere Rechtslage („kundenfreundliche Regelung“) erschwert die kommerziell erfolgreiche Führung der MV-Kasse, da mit einer langfristigen Veranlagung der Mittel nicht gerechnet werden kann und die Verwaltungskosten dadurch steigen. Darunter leidet die Performance der Veranlagung und der Anreiz zur Gründung der MV-Kassen, da der „Break Even“ erst in vielen Jahren zu erreichen ist. Trotzdem ist angeblich die Gründung von 10 MV-Kassen zu erwarten.
Nach Expertenmeinung ist bei 800.000 neuen Dienstverhältnissen mit einer Beitragssumme von 150 Mio EURO p.a. und nach 10 Jahren bei 2 Mio Arbeitnehmern mit einem Gesamtvolumen von 3,5 Mrd EURO zu rechnen. 90 % der Dienstnehmer werden voraussichtlich die vorzeitige Kapitalauszahlung beanspruchen. Von einer Altersvorsorge kann daher kaum die Rede sein. n

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