Artikel zum Thema: Konkursantrag
Der Konkurs - ein Überblick
Laut Insolvenzstatistik des Kreditschutzverbandes von 1870 gab es im Jahr 2007 in Österreich 8.619 Privatkonkurse sowie über 6.200 Unternehmensinsolvenzen, wobei von der Gesamtzahl der Unternehmenskonkurse mehr als die Hälfte mangels Masse abgewiesen wurde. Dieser Artikel soll einen Überblick über die Voraussetzungen und wesentlichsten Folgen einer Konkurseröffnung sowie die Haftung für Konkursverschleppung geben. Hingewiesen sei außerdem auf die Insolvenzdatei.
Die Konkursantragspflicht
Ein Konkursantrag kann entweder vom Schuldner oder von einem Gläubiger gestellt werden. Der Schuldner ist zur Stellung des Konkursantrags ohne schuldhaftes Zögern verpflichtet, längstens jedoch binnen 60 Tagen ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. ab Kenntnis der (erkennbaren) Überschuldung. Bei sorgfältiger Betreibung eines Ausgleichs oder von Sanierungsbemühungen gilt der Konkursantrag als nicht schuldhaft verzögert; die 60-Tage-Frist ist jedenfalls einzuhalten. Auch jeder Konkursgläubiger ist antragslegitimiert. Er hat zu bescheinigen, dass ihm eine Forderung gegen den Schuldner zusteht, die aber noch nicht fällig sein muss. Der Gläubiger hat zudem die Insolvenz des Schuldners zu bescheinigen. Stellt der Schuldner seine Zahlungen ein, so ist gemäß § 66 Abs 2 Konkursordnung (KO) seine Zahlungsunfähigkeit widerleglich zu vermuten. Das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit muss in diesem Fall vom Gläubiger nicht glaubhaft gemacht werden.
Wen trifft die Konkursantragspflicht?
Ist der Schuldner eine natürliche Person, so trifft diese Person die Konkursantragspflicht; bei der OHG und der KG sind es die unbeschränkt haftenden Gesellschafter und Liquidatoren. Bei allen anderen juristischen Personen trifft die Konkursantragspflicht jeden einzelnen, zur Außenvertretung befugten Organwalter. Ein gesamtvertretungsbefugter Geschäftsführer muss einen Konkursantrag auch dann stellen, wenn die anderen Geschäftsführer die Antragstellung ablehnen. In diesem Fall muss die Insolvenz bescheinigt werden, die übrigen Antragspflichtigen sind dazu einzuvernehmen. Da die Konkursantragspflicht dem Schutz der Gläubiger dient, ist eine Weisung der Generalversammlung einer GmbH, mit welcher einem Geschäftsführer die Antragstellung verboten wird, nicht rechtswirksam.
Die Konkursvoraussetzung der Zahlungsunfähigkeit
§ 66 Abs 2 KO bestimmt, dass Zahlungsunfähigkeit insbesondere dann anzunehmen ist, wenn der Schuldner seine Zahlungen einstellt. Zahlungsunfähigkeit setze außerdem nicht voraus, dass Gläubiger andrängen. Dass der Schuldner noch einzelne seiner Gläubiger befriedigen kann, ist kein Grund für die Annahme der Zahlungsfähigkeit. Werden einzelne Gläubiger nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit weiterhin befriedigt, kann dies - für den Schuldner - eine strafrechtlich relevante Gläubigerbegünstigung darstellen. Da das Gesetz keine Legaldefinition der Zahlungsunfähigkeit enthält, haben Lehre und Rechtsprechung Kriterien für das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit entwickelt: Ein Schuldner ist nach der Definition des Obersten Gerichtshofes zahlungsunfähig, wenn er nicht mehr imstande ist, bei redlicher wirtschaftlicher Gebarung seine Schulden binnen angemessener Frist nach Fälligkeit vollkommen zu begleichen. Erst in Zukunft zu erwartende Eingänge werden nicht berücksichtigt. Ist der Schuldner bloß zahlungsunwillig, kann mit den Mitteln der Exekution vorgegangen werden. Es ist kein Konkursantrag zu stellen. Die Zahlungsunfähigkeit bezieht sich nur auf Geldschulden, und zwar alle fälligen Geldschulden. Das heißt, eine nur drohende Zahlungsunfähigkeit bildet keinen Konkursgrund, wohl aber einen Grund für einen Ausgleich. Liegt nur eine bloß vorübergehende Zahlungsstockung vor, so ist dies kein Grund für einen Konkursantrag. Diese ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gegeben, wenn der Schuldner zwar über die entsprechenden Aktiven zur Abdeckung sämtlicher Verbindlichkeiten verfüge, sie aber bloß im Moment nicht flüssig machen könne. Die Beweislast für das Vorliegen einer bloßen Zahlungsstockung trifft den Schuldner. Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zwischen Zahlungsunfähigkeit und Zahlungsstockung ist ihre Dauer: Während sich das Oberlandesgericht Wien für eine Höchstfrist von 60 Tagen ausspricht, stellt der Oberste Gerichtshof auf die im Einzelfall jeweils relevante Verkehrsauffassung ab.
Die Konkursvoraussetzung der Überschuldung
Gemäß § 67 KO stellt Überschuldung nur bei juristischen Personen, solchen Personen, für deren Verbindlichkeiten keine natürliche Person unbeschränkt haftet (GmbH & Co KG) und bei Verlassenschaften einen Konkursgrund dar. Die Überschuldung setzt sich aus zwei Komponenten zusammen, die kumulativ vorliegen müssen: Erstens muss rechnerische Überschuldung vorliegen, zweitens muss die Fortbestehensprognose negativ ausfallen. Beide Tatbestandsmerkmale werden getrennt voneinander geprüft. Rechnerische Überschuldung ist gegeben, wenn die Schulden insgesamt die Aktiva des Vermögens übersteigen. Zur Feststellung der rechnerischen Überschuldung ist ein Überschuldungsstatus zu erstellen, das ist eine Sonderbilanz zu Liquidationswerten unter Einbeziehung der stillen Reserven. Eine positive Fortbestehensprognose setzt voraus, dass der Fortbestand des Unternehmens mit zumindest "überwiegender Wahrscheinlichkeit" gesichert ist. Die Fortbestehensprognose setzt eine Analyse der Verlustursachen sowie einen Finanzierungsplan voraus. Entscheidend ist, dass die Unterbilanz durch eine zukünftige positive Entwicklung ausgeglichen werden kann. In einer zweistufigen Prognose sollte die Zahlungsfähigkeit für einen Zeitraum von zumindest sechs Monaten nachgewiesen und in weiterer Zukunft - mehrjährig - aufrechterhalten werden können.
Kostendeckendes Vermögen als Voraussetzung für ein Konkursverfahren
Voraussetzung jeder Konkurseröffnung ist das Vorliegen kostendeckenden Vermögens. Fehlt es an diesem, kann durch Erlag eines Kostenvorschusses ein Konkursverfahren eröffnet werden. Bei juristischen Personen besteht eine Kostenvorschusspflicht der organschaftlichen Vertreter: Sie sind gemäß § 72a KO verpflichtet, einen Kostenvorschuss in Höhe von maximal EUR 4.000 zu leisten, um zumindest die Anlaufkosten des Verfahrens decken zu können. Diese Regelung soll verhindern, dass ein Konkurs mangels Masse abgewiesen wird. Im Falle eines Privatkonkurses gelten Sonderregelungen, die es dem Schuldner erleichtern sollen, eine Konkurseröffnung zu erreichen.
Die Wirkungen der Konkurseröffnung
Mit Konkurseröffnung verliert der Schuldner seine Dispositionsfähigkeit über das massezugehörige Vermögen. In der Folge wird ein Masseverwalter bestellt, der die Konkursmasse zur Befriedigung der Gläubiger verwertet. Die Konkursgläubiger haben ihre Forderungen beim Konkursgericht anzumelden. Unter Umständen kann es zu einem Zwangsausgleich kommen, das heißt zu einem Ausgleich im Konkurs. Bei Nichtunternehmern findet ein Schuldenregulierungsverfahren statt, ein Masseverwalter ist nur in Ausnahmefällen zu bestellen.
Die Insolvenzdatei
Jede Konkurseröffnung und jede Konkursabweisung mangels Masse ist durch Edikt in der Insolvenzdatei öffentlich bekannt zu machen. Die Insolvenzdatei ist eine kostenlose, öffentlich zugängliche Datenbank beim Bundesminister für Justiz (www.edikte.justiz.gv.at). Mit Beginn des der öffentlichen Bekanntmachung folgenden Tages treten die Rechtswirkungen der Konkurseröffnung ein. Zahlungen an den Gemeinschuldner nach Konkurseröffnung haben grundsätzlich keine schuldbefreiende Wirkung. Gemäß § 3 Abs 2 KO ist dies jedoch ua dann nicht der Fall, wenn die Konkurseröffnung dem Gläubiger weder bekannt war noch bekannt sein musste. Der Sorgfaltsmaßstab ist dabei jedoch streng: Von Großunternehmen wird verlangt, dass sie regelmäßig Einsicht in die Insolvenzdatei nehmen. Diese Sorgfaltspflicht kann grundsätzlich auch kleineren Unternehmen obliegen. Allein von Konsumenten wird nicht verlangt, dass sie regelmäßig die Einträge in der Insolvenzdatei verfolgen. Ferner ist die Konkurseröffnung im Grund- und Firmenbuch anzumerken bzw. einzutragen.
Zivilrechtliche Haftung bei Konkursverschleppung
Konkursverschleppung liegt vor, wenn der Konkursantrag trotz erkennbarer Insolvenz schuldhaft nicht oder nicht rechtzeitig gestellt wird. Die bloße Konkursverschleppung ist nicht gerichtlich strafbar, löst jedoch eine Reihe von zivilrechtlichen Haftungen aus:
- GmbH-Geschäftsführer haften ihrer Gesellschaft gegenüber zur ungeteilten Hand, wenn sie nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. erkennbarer Überschuldung Zahlungen geleistet haben. Ähnliches gilt für die Vorstandsmitglieder einer AG.
- Bei schuldhafter Verletzung der Konkursantragspflicht haftet der Geschäftsführer gegenüber den Altgläubigern für deren Quotenschaden, das ist die Differenz zwischen tatsächlicher und hypothetischer Konkursquote. Neugläubigern, das sind jene Gläubiger, die dem Schuldner nach erkennbarer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung Kredit gewährt haben, ist der Vertrauensschaden zu ersetzen. Sie sind in der Regel so zu stellen als hätten sie mit der Gesellschaft nicht kontrahiert. Dies gilt auch für Neugesellschafter. Die Haftung trifft auch den faktischen Geschäftsführer.
- Für einen allfällig erlegten Kostenvorschuss eines Gläubigers zur Eröffnung des Konkursverfahrens kann von den für die Konkursverschleppung verantwortlichen Personen Ersatz verlangt werden.
Das Nichtabführen von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung ist nach § 153c Strafgesetzbuch gerichtlich strafbar.
Sonstige Folgen einer Insolvenz
Eine Konkursabweisung oder -aufhebung mangels Masse stellt nach dem neuen § 13 Gewerbeordnung einen Gewerbeausschluss bzw. -entziehungsgrund dar, sofern der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist. Weiters sind Unternehmen, gegen die ein Konkurs- oder Ausgleichsverfahren eingeleitet wurde oder ein Konkurs mangels Masse abgewiesen wurde, grundsätzlich von Vergabeverfahren für öffentliche Aufträge ausgeschlossen.
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