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Eigenkapitalersatzrecht oder die Grenzen der Finanzierungsfreiheit


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Eigenkapitalersatzrecht oder die Grenzen der Finanzierungsfreiheit

November 2007

Das Eigenkapitalersatzrecht ist Anfang 2004 in Kraft getreten und stellt daher keine ganz neue Rechtsmaterie mehr dar. In der Praxis haben sich aber erst in jüngerer Vergangenheit die Verfahren gehäuft, bei denen Gesellschafter zu Rückzahlungen verpflichtet wurden. Aufgrund der hohen praktischen Bedeutung in Folge der teilweise chronisch schwachen Eigenkapitalausstattung zahlreicher Branchen werden die wichtigsten Fakten zum Eigenkapitalersatzrecht daher nachfolgend dargestellt.

"Ein Kredit, den ein Gesellschafter der Gesellschaft in der Krise gewährt ist Eigenkapital ersetzend."

Die Folgen eines Eigenkapital ersetzenden Kredites liegen darin, dass bis zur Beendigung der Krise der Kredit an den Gesellschafter nicht zurückgezahlt werden darf. Im Einzelnen ist folgendes zu beachten:

Gesellschaft: Die Bestimmungen gelten nur für Kapitalgesellschaften (AG, GmbH), die GmbH & Co KG sowie für Genossenschaften mit beschränkter Haftung. Keine Anwendung finden sie daher auf Vereine, Personengesellschaften, Privatstiftungen oder Einzelunternehmen.

Gesellschafter: Betroffene Gesellschafter sind nur jene, die Kontrolle (durch Stimmrechtsmehrheit, Stimmrechtsverträge, Recht zur Bestellung der Aufsichts- und Geschäftsführungsorgane) über die Gesellschaft ausüben bzw eine qualifizierte Beteiligung (mindestens 25% Anteil) halten. Im Konzern bestehen Sonderregeln, so dass eine direkte kapitalmäßige Beteiligung in der Regel nicht erforderlich ist. Stille Gesellschafter können ebenfalls unter die Bestimmungen fallen, wenn sie am Unternehmenswert mit mindestens 25% beteiligt sind (atypisch stille Beteiligungen). Sonderbestimmungen bestehen auch für Treuhandverhältnisse.

Krise: Ein Unternehmen befindet sich dann in der Krise, wenn die insolvenzrechtlichen Tatbestände (Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit) gegeben sind oder die Vermutung eines Reorganisationsbedarfes aufgrund einer unter 8% liegenden Eigenmittelquote und einer fiktiven Schuldentilgungsdauer von mehr als 15 Jahren vorliegen. In diesem Fall kann durch ein Gutachten eines Wirtschaftstreuhänders allerdings der Gegenbeweis geliefert werden, dass trotz Unterschreiten der Kennzahlen keine Krise vorliegt.

Kredit: Hier erfolgt eine Negativabgrenzung. Kredite aus Warenlieferungen (mit Zahlungszielen von maximal sechs Monaten) und kurzfristige Geldkredite mit einer Dauer von maximal 60 Tagen sind unkritisch. Wird ein kurzfristiger Kredit jedoch prolongiert, so fällt er unter das Eigenkapitalersatzrecht. Kredite, die vor dem 1.1.2004 gegeben wurden, sind nicht erfasst. Gleiches gilt auch für Kredite, die vor Eintritt der Krise gegeben wurden. Eine Stundung dieser Kredite führt zu keiner Qualifizierung als Eigenkapital ersetzende Mittel. Auch Nutzungseinlagen (Gesellschafter arbeitet umsonst für seine Gesellschafter bzw stellt Anlagen oder Betriebsmittel unentgeltlich zur Verfügung) fallen nicht unter das Eigenkapitalersatzrecht. Hier können sich jedoch im Insolvenzfall Einschränkungen (bis zu einem Jahr) bei der Rückforderbarkeit ergeben, wenn dieser Gegenstand zur (vorübergehenden) Weiterführung des Unternehmens durch den Masseverwalter benötigt wird.

Schließlich ist noch zu beachten, dass auch die Bürgschaft oder die Bestellung von Sicherheiten durch den Gesellschafter für einen Kredit der Gesellschaft in der Krise dazu führt, dass der Gläubiger sofort auf den (bürgenden) Gesellschafter zugreifen kann bzw der Gesellschafter für von der Gesellschaft getilgte Zahlungen aufkommen muss. Ein Regress des Gesellschafters an der Gesellschaft ist während der Krise unzulässig. Im Ausgleichsfall verliert der Gesellschafter sämtliche Regressansprüche, die über die Ausgleichsquote hinausgehen zur Gänze.

Angesichts der mitunter heiklen Folgen für gewährte Gesellschafterkredite ist daher jede Finanzierungsentscheidung in Krisenzeiten besonders gut zu überlegen. In einigen Fällen wird es zweckmäßig sein, anstelle von Fremdkapital Eigenkapital in Form eines Gesellschafterzuschusses zuzuführen. Durch die Stärkung der Eigenkapitalquote verbessern sich auch wesentliche Kennzahlen für Bankenratings (Stichwort Basel II) und möglicherweise kann eine zusätzliche Fremdfinanzierung durch Banken leichter erreicht werden. Die in den ungebundenen Kapitalrücklagen erfassten Gesellschafterzuschüsse können zur Schaffung eines ausschüttbaren Bilanzgewinnes wieder aufgelöst werden und auf diese Weise in Form einer Gewinnausschüttung (da Einlagenrückzahlung auch KEST-frei) bei Verbesserung der wirtschaftlichen Situation wieder an den Gesellschafter rückgeführt werden. An Verkehrssteuern fallen bei einem Gesellschafterdarlehen 0,8% Darlehensgebühr an, ein Gesellschafterzuschuss unterliegt der 1%igen Gesellschaftsteuer (Möglichkeit eines steuerfreien "Großmutterzuschusses").

Bild: © photocrew - Fotolia