Artikel zum Thema: Rechnungslegung
Kontrollrechte eines Minderheitsgesellschafters einer GmbH
Insbesondere wenn das Vertrauen eines GmbH-Gesellschafters in die Organe der GmbH verloren geht, stellt sich für den Gesellschafter die Frage, welche Möglichkeiten es gibt, auf eventuell pflichtwidriges Verhalten der Organe zu reagieren. Das GmbH-Gesetz (GmbHG) sieht diesbezüglich Teilnahme-, Auskunfts- und Stimmrechte im Rahmen der Generalversammlung vor. Darüber hinaus stehen solchen Gesellschaftern auch abseits der Generalversammlung Informationsrechte und Kontrollrechte zu. Im Folgenden werden die wichtigsten Minderheitsgesellschafterrechte überblicksmäßig dargestellt.
Bucheinsichtsrecht
Die wichtigsten Informationsrechte der Gesellschafter sind in § 22 Abs. 2 GmbHG geregelt. Demnach ist jedem Gesellschafter ohne Verzug der Jahresabschluss samt Lagebericht und falls vorhanden der Konzernabschluss samt Konzernlagebericht zuzusenden, sobald dieser aufgestellt wurde. Zusätzlich darf der Gesellschafter innerhalb von 14 Tagen vor der zur Prüfung des Jahresabschlusses berufenen Versammlung der Gesellschafter oder vor Ablauf der für die schriftliche Abstimmung festgesetzten Frist in die Bücher und Schriften der Gesellschaft Einsicht nehmen. Eine Bestimmung, dass den Gesellschaftern das Einsichtsrecht nicht zusteht oder dass es innerhalb einer kürzeren Frist auszuüben oder sonstigen Beschränkungen unterworfen sei, darf in den Gesellschaftsvertrag nur aufgenommen werden, wenn ein Aufsichtsrat zu bestellen ist. Aber auch in jenen Fällen, in denen das Einsichtsrecht im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen bzw. eingeschränkt wurde, hat der Gesellschafter ein Recht auf Zusendung des Jahres- (Konzern-)Abschlusses samt Lagebericht. Bei einem gänzlichen Ausschluss hat der Gesellschafter noch ein zusätzliches Recht auf Zusendung des Gewinnverteilungsvorschlages, des Prüfungsberichtes des Abschlussprüfers sowie der Generalversammlungsbeschlüsse. Der Gesetzgeber hat somit jedem Gesellschafter die Möglichkeit gegeben, sich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft zu informieren bzw. sich auf die Generalversammlung vorzubereiten.
Umfassender Informationsanspruch
Nach ständiger Rechtsprechung des OGH stehen dem Gesellschafter einer GmbH auch außerhalb der Generalversammlung umfassende - nicht näher zu begründende - Informationsansprüche zu. Da die Gesellschafter ihre Prüfungs- und Leitungsaufgaben sachgerecht wahrzunehmen haben, leitet sich daraus auch ein umfassender Informationsanspruch über alle Angelegenheiten der Gesellschaft ab. Dieser Informationsanspruch steht nicht nur Gesellschaftern mit aufrechter Mitgliedschaft, sondern auch ausgeschiedenen Gesellschaftern zu. Das Informationsinteresse des Gesellschafters ist bei außergerichtlicher Geltendmachung konkret darzulegen und betrifft Unterlagen für den Zeitraum der Mitgliedschaft. Allerdings gilt der Informationsanspruch des Gesellschafters auch nicht uneingeschränkt. Die Gesellschaft darf die Information verweigern, wenn gesellschaftsfremde, die Gesellschaft schädigende Interessen verfolgt werden. Dies trifft beispielsweise zu, wenn ein konkurrierender Gesellschafter die Einsicht in wettbewerbsrelevante Informationen begehrt und eine Verletzung des Kartellverbots vorliegt.
Minderheitenrechte
Neben den bereits erwähnten Individualrechten sieht das GmbHG zusätzlich Minderheitenrechte vor; ein Zusammenschluss mehrerer Gesellschafter zur Erreichung des notwendigen Quorums ist möglich. Die Minderheitenrechte richten sich je nach Beteiligungshöhe bzw. Höhe der Stammeinlage.
Ein wichtiges Instrument bei der Beschlussfassung durch einen oder mehrere Minderheitsgesellschafter stellt die Sperrminorität dar. Das nötige Stimmengewicht ergibt sich aus den jeweiligen Mehrheitsregeln. Ist für einen Beschluss im Gesellschaftsvertrag oder im Gesetz bspw. eine ¾ - Mehrheit vorgesehen, so kann der Beschluss durch 25 % + 1 Stimme verhindert werden. Im Gesetz ist beispielsweise für die ersten zwei Jahre nach Eintragung der Gesellschaft eine zwingende ¾-Mehrheit erforderlich, wenn der Kaufpreis des Erwerbs von Anlagen bzw. von unbeweglichen Gegenständen zu dauernden Geschäftszwecken 20 % des Stammkapitals übersteigt.
Weitere Minderheitenrechte von Gesellschaftern sind nachfolgend dargestellt (sie setzen teilweise eine bestimmte Beteiligungshöhe usw. voraus).
Bei einer Beteiligung mit 10 % des Stammkapitals oder mit einer Stammeinlage im Nennbetrag von min. 700.000 € kann der Gesellschafter
- einen Revisor bestellen, um ein etwaiges pflichtwidriges Verhalten der Organe feststellen zu können. Der Minderheitsgesellschafter kann in der Generalversammlung demnach einen Antrag stellen, dass ein Revisor zur Prüfung des letzten Jahresabschlusses bestellt werden soll (Sonderprüfung). Wird der Antrag abgelehnt, so kann der Gesellschafter bei Gericht den Antrag auf Sonderprüfung nach § 45 Abs. 1 GmbHG stellen. Zuständiges Gericht ist das Handelsgericht des Sitzes der Gesellschaft. Im Antrag ist darzulegen, dass der Antrag auf Sonderprüfung (z.B. unter Tagesordnungspunkten wie Feststellung des Jahresabschlusses oder Entlastung der Geschäftsführung) bei der Generalversammlung abgelehnt wurde. Darüber hinaus müssen im Antrag Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder des Gesellschaftsvertrages glaubhaft gemacht werden (z.B. Verstöße gegen Buchführungs- und Rechnungslegungsvorschriften, Bildung unverhältnismäßig hoher Reserven, unzulässige Entnahmen, Verrechnung betriebsfremder Ausgaben und sonstige Bilanzverschleierungen).
- Ersatzansprüche gegen Gesellschafter, Geschäftsführer oder Aufsichtsrat geltend machen, wenn dies durch Gesellschafterbeschluss zuvor abgelehnt wurde oder gar über einen entsprechenden Antrag nicht abgestimmt wurde, obwohl der Antrag rechtzeitig bei den Geschäftsführern angemeldet war.
- aus wichtigen Gründen in der Liquidationsphase der Gesellschaft andere Liquidatoren bestellen.
Ein Gesellschafter mit einer Beteiligung von 10 % des Stammkapitals oder einer Stammeinlage im Nennbetrag von mindestens 350.000 € kann
- sofern im Gesellschaftsvertrag nicht ein geringerer Anteil hierzu berechtigt wurde, eine Generalversammlung einberufen und Tagesordnungspunkte aufnehmen lassen (§§ 37, 38 GmbHG).
- ein Aufsichtsratsmitglied bei Vorliegen eines wichtigen Grundes durch das Gericht abberufen lassen.
Ein Gesellschafter mit einer Beteiligung von 5 % des Stammkapitals kann
- die gerichtliche Bestellung von Abschlussprüfern beantragen und
- in der Liquidation die Prüfung des Jahresabschlusses verlangen (§ 91 Abs. 1 GmbHG).
Durch den vom Gesetzgeber prinzipiell eingeräumten Grundsatz der Gestaltungsfreiheit bei Verträgen kommt insbesondere bei der Gründung einer GmbH dem Gesellschaftsvertrag große Bedeutung zu, wenn es darum geht, abhängig von der Beteiligungsstruktur der Gesellschaft die Rechte der Gesellschafter so zu gestalten, dass das Konfliktpotential innerhalb der Gesellschafter minimiert wird.
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