Artikel zum Thema: Flugticket
Kein Aufpreis bei Verfallen-Lassen einer bereits bezahlten Flugstrecke
Die Preise für Flugtickets variieren naturgemäß nicht zuletzt aufgrund des umfangreichen Angebots und verschiedenster Buchungsmöglichkeiten sehr stark. Neben gewünschtem Flugtermin, Buchungszeitpunkt und Destination hängt der Preis auch davon ab, ob Hin- und Rückflug in Kombination gebucht werden oder ob es (vorerst) nur eine einzelne Flugstrecke sein soll. Bei der (üblichen) kombinierten Buchung von Hin- und Rückflug kann es mitunter auch vorkommen, dass tatsächlich nur eine Flugstrecke angetreten wird und der andere Flug verfällt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat jüngst für den Kunden sehr erfreulich entschieden (GZ 4 Ob 164/12i vom 17.12.2012), dass in einem solchen Fall dem Passagier keine zusätzlichen Kosten zu dem ohnehin bereits bezahlten Hin- und Rückflug entstehen dürfen.
Konkret hat eine bekannte Fluglinie in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) festgelegt, dass bei Verwendung der Flugtickets in abweichender Reihenfolge (d.h. im Regelfall Rückflug ohne Hinflug) ein Aufpreis berechnet wird, welcher sich aus der Differenz zwischen dem bereits bezahlten Preis für die Flugtickets und dem Preis für die tatsächlich gewählte Beförderung zum Buchungszeitpunkt ergibt. Bei Nichtbezahlung dieses Aufpreises vor Flugantritt könne die Beförderung durch die Fluglinie verweigert werden. Aus Sicht der Fluglinie handelt es sich dabei um eine international übliche Klausel, welche die Umgehung des Tarifsystems der Fluglinie verhindern soll, indem bewusst Hin- und Rückflug gebucht werden und der Fluggast von vornherein plant, nur eine Flugstrecke in Anspruch nehmen zu wollen.
Klauseln in AGB sind sowohl durch die Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches als auch durch das Konsumentenschutzgesetz gewisse Grenzen gesetzt, um das typischerweise ungleiche Kräfteverhältnis zwischen Unternehmer und Konsument auszugleichen. Anhand der sogenannten Geltungskontrolle wird geprüft, ob eine Klausel von den (vernünftigen) Erwartungen des Vertragspartners (Konsument) deutlich abweicht und auch nachteilig für ihn ist. Die Umstände überraschend und nachteilig sind dem OGH folgend im vorliegenden Fall erfüllt, da typischerweise nicht damit zu rechnen ist, dass für die Inanspruchnahme nur eines Teils der Leistung mehr zu bezahlen ist als bei Inanspruchnahme der gesamten Leistung. Für die Unwirksamkeit der Klausel reicht dies allerdings nicht aus, da ein besonderer Hinweis bei der Flugbuchung auf die beanstandete Klausel den Überraschungscharakter nehmen würde. Mithilfe der „Inhaltskontrolle“ werden Klauseln in AGB nichtig, wenn sie nicht eine der beidseitigen Hauptleistungen festlegen und einen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände stark benachteiligen. Der Hinweis auf eine solche Bestimmung seitens der Fluglinie reicht dann für eine Sanierung nicht aus. Ausschlaggebend ist für den OGH, dass die besagte Klausel der Fluglinie nicht nur Kunden berechtigterweise mit einem Aufschlag belastet, wenn sie von vornherein eine bewusste Umgehung des Tarifsystems planen, sondern auch jene Reisende gröblich benachteiligt, die beide Flüge in normaler Reihenfolge in Anspruch nehmen wollen, sich aber dann z.B. wegen Versäumens oder Verspätens eines Zubringerfluges anders entscheiden müssen. Überdies bringt die Nichtbeförderung des Passagiers auf dem Hinflug mehr Vor- als Nachteile für die Fluglinie, da regelmäßig Kosten gespart werden bzw. der freigewordene und bezahlte Sitzplatz nochmals vergeben werden kann. Nicht zuletzt wegen der möglichen Übertragbarkeit der Klausel auf andere Verkehrsmittel (Eisenbahn usw.) ist diese Entscheidung des Obersten Gerichtshofes für den Konsumenten überaus erfreulich.
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