Der Covid-19 Härtefallfonds ist von der WKO und der Regierung als unbürokratisch angekündigt worden, ist aber genau das Gegenteil davon – es sollte sich jeder Betroffene überlegen, ob er nicht die alternative Option hat, den Gewerbeschein ruhend zu melden und beim AMS Arbeitslosengeld zu beziehen: ist unbürokratisch und bringt oft mehr
Bin ich anspruchsberechtigt für den Corona Härtefallfonds und lohnt sich der Antrag überhaupt?
Sie sind anspruchsberechtigt, wenn Sie alle Punkte mit JA beantworten können:
- Ich bin selbständiger BetreiberIn von einem gewerblichen Unternehmen oder einem freien Beruf
- Meine Unternehmensgründung ist bereits vor dem 31.12.2019 erfolgt – entscheidend ist der Zeitpunkt der Eintragung der Gewerbeberechtigung oder die Aufnahme der jeweiligen unternehmerischen Tätigkeit
- Die Betriebsstätte bzw. der Sitz ist in Österreich
- Ein tatsächlicher Härtefall für mein Unternehmen kann nachgewiesen werden – dies kann beispielsweise durch laufende Kosten begründet werden, die nicht mehr gedeckt werden können. Auch ein behördlich angeordnetes Betretungsverbot ihres Unternehmens oder ein konkreter Nachweis von einem Umsatzeinbruch von 50 % im Vergleich zum Vergleichsmonat des Vorjahres gelten als Nachweis von einem Härtefall.
- Mein Einkommen ist nicht zu hoch – Obergrenze: Im letzten abgeschlossenen Wirtschaftsjahr (bei den meisten ist das 2019) darf das Netto-Einkommen bei maximal 80 % der Höchstbeitragsgrundlage der Sozialversicherung liegen – die WKO rechnet dabei mit einem max. Nettoeinkommen von EUR 33.812.– dh Sie müssen Ihr steuerpflichtiges Einkommen lt. Bescheid um die Einkommensteuer lt. Bescheid für die Formulareingabe kürzen. Unter Nettoeinkommen ist dabei das Einkommen nach Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen und Einkommensteuer zu verstehen. Sollte es noch keinen Einkommensteuerbescheid geben, kann eine eigene Schätzung bzw. eine vorläufige Buchhaltungsauswertung (Saldenliste, Steuererklärung 2019) der bisherigen Einkünfte durchgeführt werden.
- Mein Einkommen ist nicht zu niedrig und ich gelte daher als Neuer Selbständiger. Dies bedeutet, dass eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung durch ein Erreichen eines Einkommens über der Geringfügigkeitsgrenze in Höhe von 5.527,92 € pro Jahr vorliegt – da hier der Wert 2020 angegeben wird, sollte man davon ausgehen können, dass dafür die Jahreseinkünfte 2020 zählen werden, das geht aber aus den Richtlinien aktuell nicht klar hervor. Unklar ist auch noch formuliert, ob jemand, der aufgrund seines Gewerbescheines pflichtversichert ist, auch diese Einkünfteuntergrenze von 5.527,92 beachten muss: Ich hoffe zwar nicht, denn dadurch würden alle Gewerbetreibenden, die zwar pflichtversichert sind, aber ein schlechtes Jahr im letzt veranlagten Jahr hatten und damit sogar einen buchmäßigen Jahresverlust, durch den Rost fallen würden und das wäre wohl nicht Sinn einer Härtefallförderung… aber es steht leider so da: „Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG/FSVG/ASVG und Einkünfte…. von zumindest EUR 5.527,92 p.a.“. Besonders bitter, wenn man in diesem Jahr durch die Afa wegen hoher Investitionen belastet und/oder noch ein Startup war. Empfehlung: beantragen und hoffen
- Ich habe keine weiteren monatlichen Einkünfte (beispielsweise aufgrund von Vermietung oder Verpachtung) über der Geringfügigkeitsgrenze von EUR 460,66 p.m.
- Ich habe keine Mehrfachversicherung in der Kranken- und/oder Pensionsversicherung – zB. GSVG + ASVG wie ein nicht geringfügiger Dienstnehmer der auch einen Gewerbeschein hat oder ein Bauer mit Gewerbeschein
- Ich beziehe zum Zeitpunkt der Antragsstellung keine Leistungen aus der Arbeitslosen- oder gesetzlichen Pensionsversicherung
- Ich beziehe keine weiteren Barzahlungen von Gebietskörperschaften aufgrund von COVID-19 – aber unschädlich: Für UnternehmerInnen ist es möglich, eine Kombination von AWS Garantien und Corona-Kurzarbeit sowie dem Härtefall-Fonds für EPU & KMU in Anspruch zu nehmen
- Ich befinde mich nicht in einem anhängigen Insolvenzverfahren bzw. es ist seit der Aufhebung eines allfälligen Insolvenzverfahrens ohne vollständige Erfüllung des Zahlungsplanes bereits mindestens ein Jahr vergangen
- Im letzten abgeschlossenen Wirtschaftsjahr (meist 2019) sind in meinem Unternehmen die URG-Kriterien (Eigenkapital weniger als 8%, fiktive Schuldentilgungsdauer mehr als 15 Jahre) nicht verletzt – diese Frage werden leider viele Unternehmer ohne Bilanz per 2019 nicht unmittelbar beantworten können, wenn sie knapp an diesen Grenzen liegen. Spannend wird auch, wie dieses Kriterium bei Einnahmen-Ausgabenrechnern geprüft werden wird, ohne dass durch Bilanzierungskosten für diesen Zweck die Förderung zum Großteil gleich an den Bilanzersteller (Bilanzbuchhalter, Steuerberater) weiter geleitet werden muss…
Wenn Sie nicht ALLE Punkte mit JA beantworten können, dann sparen Sie sich das Weiterlesen, Sie können sich die Mühe eines Antrages sparen, genießen Sie Ihr Homeoffice oder prüfen, ob Sie nicht doch anspruchsberechtigt wären sich beim AMS arbeitslos zu melden und dafür den Gewerbeschein ruhend zu melden: ist unbürokratischer und bringt wahrscheinlich mehr ein.
Informationen dazu: WKO – Arbeitslosigkeit und WKO – Wenn alles schiefgehen sollte
Wenn Sie ALLE Punkte mit JA beantworten können, dann sind Sie noch im Rennen um bis zu EUR 6.000.— (3×2.000.–) nicht rückzahlbare Förderung und Sie können überlegen, ob sich der bürokratische Aufwand für Sie lohnt, weil Sie ohne Hilfe von Rechtsanwalt, Bilanzbuchhalter und Steuerberater auskommen.
Die Förderung erfolgt in 2 Phasen:
Phase 1 – Soforthilfe
EUR 500.—
wenn Ihr letzter Einkommensteuerbescheid ein Einkommen zwischen EUR 5.527,92 und 6.000.— ausweist oder Sie keinen Einkommensteuerbescheid 2017, 2018 oder 2019 haben
EUR 1.000.—
wenn Sie mit Ihrem letzten Einkommensteuerbescheid (2017, 2018 bzw. 2019) ein Einkommen von über EUR 6.000.— nachweisen können
Phase 2 – Rest
Dieser Zuschuss richtet sich dann unter Anrechnung der Soforthilfe nach der tatsächlichen Einkommenseinbuße – wie diese zu rechnen sein wird, ist aktuell noch Gegenstand von Verhandlungen….
Die Kriterien für die Phase 1 lesen sich so, als würden Gewerbetreibende mit einem Einkommen unter EUR 5.527,92 oder gar einem Verlust tatsächlich unter den Rost fallen (siehe oben zur Frage Untergrenze Einkommen), da ich mir das aber nicht vorstellen kann, würde ich dennoch raten zu beantragen und auf Phase 2 hoffen.
Wer jetzt seine Begeisterung noch nicht verloren hat, sollte für die Antragsstellung Folgendes vorbereiten:
- Sein WKO Benutzerkonto reaktivieren um sich die Eingabe von persönlichen Daten zu ersparen, ist aber nicht zwingend notwendig
- Die persönliche Steuernummer griffbereit halten
- KUR (Kennziffer Unternehmensregister) oder GLN (Global Location Number) suchen zB. hier: Firmenverzeichnis WKO – wenn Sie die Nummer nicht haben, weil Sie freier Dienstnehmer sind, geht es auch ohne. Ob Sie als WKO Mitglied auch ohne GLN durchkommen, ist fraglich…
- Gültigen Personalausweis, Reisepass oder Führerschein
- Den letzten Einkommensteuerbescheid 2017, 2018 bzw. 2019
Falls Sie noch Detailfragen haben finden Sie direkt bei der WKO noch Antworten, die täglich aktualisiert werden: Förderrichtlinien
Und bitte keinen Stress: der Antrag kann bis 31.12.2020 (!) gestellt werden und es werden ausreichend Fördermittel bereit gestellt. Lassen Sie jenen den Vortritt, die auf die Phase 1 – Soforthilfe tatsächlich angewiesen sind und schon dringend auf EUR 500.— warten… es wird anfangs ohnehin zu Serverausfällen bei der WKO kommen, weil sie schlauerweise die Menschen auf den Freitag, 27.3.20 um 17.00 fokussiert haben.
Es wird in den nächsten Wochen eine Reihe Klarstellungen geben und wenn Sie im Zweifel sind, ob Sie anspruchsberechtigt sind und sich der Antragsbürokratismus überhaupt lohnt, warten Sie diese Klarstellungen in Ruhe ab.
Die Beantragung der Förderung kann ab sofort unter folgenden Links durchgeführt werden:
Wenn Sie über einen bestehenden WKO-Benutzeraccount verfügen:
https://mein.wko.at/GPDBPortal/haertefonds/haertefondsLogin.html
Ohne WKO-Benutzeraccount:
https://mein.wko.at/GPDBPortal/haertefonds/haertefondsAntrag.html
Update vom 28.3.2020:
Aufgrund der massiven Kritik seitens der Opposition und der betroffenen UnternehmerInnen soll vor allem in den Kriterien Einkommensobergrenze, Mehrfachversicherung und Gründungszeitpunkt nachgebessert werden (Statement Vizekanzler): siehe ORF
Disclaimer
Disclaimer: dieser Blogbeitrag wurde nach meinem persönlichen Wissensstand am 27.3.2020 erstellt und ich übernehme keine Haftung, dass ich alle Informationen richtig zusammentragen konnte – verbindlich sind alleine die ständig aktualisierten Richtlinien auf den verlinkten WKO-Seiten.
Was zu tun ist:
WKO Benutzerkonto reaktivieren
persönliche Steuernummer griffbereit halten
KUR (Kennziffer Unternehmensregister) oder GLN (Global Location Number) suchen
Gültigen Personalausweis, Reisepass oder Führerschein bereit halten
Den letzten Einkommensteuerbescheid 2017, 2018 bzw. 2019 besorgen
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